Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-11535, via Wikimedia Commons

Habe ich mich daran gewöhnt?

Die hartnäckige Frage nach dem Sinn

geschrieben am 05.01.2024 von Hendrik Heidler, Scheibenberg

Habe ich mich daran gewöhnt?

Von Hendrik Heidler

Heute Morgen blätterte ich in einem hochkritischen Sport-Bildband über die vergangenen Jahre der Corona-Maßnahmen und der (wieder einmal) aktuellen Russlandfeindlichkeit. Was ich da sah, erschreckte mich zutiefst obwohl ich mich durchaus als kritisch denkend betrachte. Erschrak ich nicht nur wegen der Fakten sondern auch deshalb, weil ich mich inzwischen auch daran gewöhnt habe? An all diese irrwitzigen Anweisungen, Vorgaben und Unterdrückungen bis hin zu einer Impfung, die gar keine im bisherigen Sinne ist, sondern ein gentechnisches Experiment mit noch offenem Ausgang aber durchaus bereits jetzt unzählbaren Opfern. Allein in diesem Bildband ist von mehr als 1.200 plötzlich verstorbenen „geimpften“ Sportlern die Rede. Wer weiß, ob sich aus dem Eingriff in tatsächlich unverstandene immun-genetische Prozesse lawinenartige Dominoeffekte ergeben, die nicht nur Geimpfte in den Abgrund reißen sondern schlicht, weil wir Menschen ein Gemeinschaftswesen, ein Schwarmwesen sind, auch Ungeimpfte massiv beeinflussen. Die Art der gemeinschaftlichen Immunisierung bei Menschen lässt das ebenso vermuten, wie viele viele Berichte über überraschend auftauchende und oft übermäßig langdauernde Krankheitsprozesse.

Ich erinnere mich noch sehr gut, wie man als Maskenverweigerer in Einkaufsmärke angefunkelt oder gar herunter geputzt wurde – es fühlte sich beschissen an, in öffentliche Einrichtungen maskenlos zu gehen. Ich erinnere mich an den unsäglichen Zwang (Nötigung), Kinder zu isolieren, Tests auszusetzen und ihnen die Schuld für den Tod von Großeltern in die Schuhe zu schieben. An das und vieles andere mehr erinnere ich mich gut … und doch erschrak ich über alle Maßen, als ich von außen durch dieses Buch mit seinen klaren Worten und Bildern daran erinnert wurde. 

(Aus aktuellem Anlass: als sich jetzt dem Wirtschaftsminister von erzürnten Landwirten in den Weg gestellt wurde, empörten sich alle möglichen Polit- und Regierungsfunktionäre über diese Nötigung, die aber auch gar nicht zu einer Demokratie gehöre und schamlos sei … die Nötigung zum Maskentragen, Vereinzeln, einsam Sterben usw. war daher keine Nötigung, weil ja demokratisch).

Und ich erschrak durch die klare Kommunikation zu einem öffentlich geleugneten Rassismus, der als vernünftig, menschlich und friedliebend daherkommt, weil angeblich unterschiedslos ein ganzes Volk kriegslüstern, blutrünstig, primitiv und machtgeil sein soll. Ganz unabhängig davon ob nun Russland berechtigterweise in der Ukraine kämpft und dafür verantwortlich ist, werden alle Russen und alles Russische rassistisch verhetzt. Ich meine, Russland weiß was geschieht, wenn es sich gegenüber Weltherrschaftsanstrebenden naiv verhält: 30 Millionen Tote, 70.000 zerstörte Dörfer und Städte. Warum also sollte es aus diesen schrecklichen Erfahrungen des 2. Weltkriegs keine Schlussfolgerungen gezogen haben? Israel gesteht man sie doch auch zu! Jedenfalls erinnere ich mich nicht daran, das jemals sportliche Amerikaner, Franzosen, Engländer, Deutsche, Italiener, Belgier, Niederländer, Japaner, Kanadier usw. von Olympiaden oder Weltmeisterschaften ausgeschlossen wurden, während deren Regierungen munter drauflos bombten. Ich erinnere mich daran, wie Sportler aus diesen Ländern dabei waren und Russland keine Einwände diesbezüglich erhob. 

Auch daran erinnerte mich dieses klare Buch und ich erschrak, wie entgegengesetzt es jetzt gehandhabt wird und sich an Russenhetze gewöhnt wurde, ja, sogar offiziell als lieb und menschlich gilt. In der Rückschau, wie offiziell Unmenschlichkeiten „schmackhaft“ gemacht werden fällt mir auf, wie sinngemäß zwei drastische Maßnahmen durchgedrückt werden und dann ganz demokratisch säuselnd auf Kritik reagiert wird, indem ein Schritt zurückgegangen wird. Immer zwei Schritte vor und einer zurück und damit die schleichend-beruhigende Gewöhnung an zunehmende Unmenschlichkeit.

Bei diesen Gedanken stolpere ich wieder über die Frage nach meiner Gewöhnung daran.
Also, wie ist das nun: Habe ich mich trotz meiner grundsätzlich kritischen und ablehnenden Haltung hinsichtlich der unmenschlichen Corona-Maßnahmen und der ebenso unmenschlichen rassistischen Russenhetze auch daran gewöhnt?

Die Antwort ist eindeutig: Ja, ich habe mich ebenfalls daran gewöhnt und werde mich wohl auch weiterhin daran gewöhnen. Vielleicht etwas weniger als gesamt und bestimmt auch nicht in der grundsätzlichen Ablehnung und Kritik dieser Politik und dieses Zeitgeistes, aber eben trotzdem. 

Was mich erschrickt und daraus schlussfolgernd mich umso mehr die Frage stellen lässt, wie die Bedingungen zu ändern sind, die sowohl all diese Unmenschlichkeiten hervorbringen als auch die Gewöhnung daran. Denn ohne Gewöhnung (und Entfremdung von unserem gemeinschaftlichen Menschsein) wären diese Unmenschlichkeiten gar nicht auszuhalten und würden einen zerstören. Aber weil die Gewöhnung an Unmenschlichkeit letztlich ebenso zerstörerisch sein wird wie diese selber, müssen deren alltäglichen Ursachen verändert werden … 

… um sich alltäglich an Menschlichkeit zu gewöhnen! Weil diese unser eigentliches menschliches Wesen ist und nicht die Unmenschlichkeit der jetzigen Zustände.

 

Die hartnäckige Frage nach dem Sinn

Von Hendrik Heidler

Sie lässt sich auf Dauer einfach nicht vertreiben, diese hartnäckige Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens. Und auch wenn sie für längere Zeit scheinbar erfolgreich mit Lärm, Leistung und Konsum vorn zur Tür hinausgeschmissen werden konnte, steigt sie hinten herum durchaus unangenehm mit Unzufriedenheit, Unwohlsein und Ängsten wieder herein. Was eigentlich nichts Überraschendes an sich hat, schlicht, weil diese Frage und deren Antworten zu unserem Menschsein dazugehören, wir uns über unsere Endlichkeit bewusst sind und daher irgendwie damit umgehen müssen, um es auszuhalten. Wobei „aushalten“ und „verdrängen“ zwar irgendwie zum Zeitgeist gehören aber eben auf Dauer wenig tragfähig sind. Selbst die von allen Seiten auf einen einhämmernden Werbe- und Politikversprechen locken mit angeblicher Sinnerfüllung. Kein Wunder also, wenn Einkaufen längst nicht mehr nur der Befriedigung existenzieller Bedürfnisse dient (wie Essen, Trinken und Kleiden) oder bloß als Versuch gilt, das Leben sinnvoll zu erleben, ja, endlich diese nörgelnde Frage nach dem Sinn zum Schweigen zu bringen. Nein, Warenkonsum (Shoppen) wird längst unhinterfragt als absolut sinnstiftend betrachtet. Gerade weil diese Gewissheit ein naturgesetzliches Selbstverständnis zu sein scheint, will die Unfähigkeit zur Sinnstiftung des Kaufens nicht wahrgenommen werden – frei nach dem Motto: „Besser Unsinn als gar keiner!“ Dabei wäre es falsch, dieses Selbstverständnis individuell zu verurteilen, da es als eine der systemtragenden Säulen nicht nur den berühmten Zeitgeistes deutlich mit prägt, sondern existenziell mit dem Besitz an Geld und Lebenserhalt verwoben ist. Geht dieser Pseudosinn ohne angestrebte bzw. vorhandene Alternative verloren, kann das wegen der dahinter befindlichen Leere bis zu lebensbedrohlichen Sinnkrisen führen.
Doch trotz der vermeintlichen Gewissheit durch Konsum Sinn stiften zu können, wird doch häufig geahnt oder ist sogar bekannt, dass dieser Weg über leblos-materielle Dinge und Ideen nicht wirklich funktioniert und daher die Konsumdosis stetig erhöht werden muss. Aber er kommt eben dem gesellschaftlichen Zwang nach Mehrwertschöpfung entgegen ja, wird sogar gefordert. Mehrkonsum und Mehrwert sind letztlich zwei Seiten einer Medaille, außen glänzend und innen leer.
Kein Wunder also, wenn alle möglichen Angebote, die Sinn(einkauf) versprechen (unabhängig ob sie ihn schenken können oder nicht) enorm boomen. Aus oben beschriebener Gewissheit heraus ist man es gewohnt, sich Sinnerfüllung bzw. Heilung durch Therapiekonsum genauso kaufend aneignen zu können, wie Süßigkeiten im Supermarkt. Der Haken dabei: sinnerfüllendes Leben lässt sich nicht finanziell konsumieren. Was unter den Bedingungen der gegenwärtigen Daseinswirklichkeit zu widersprüchlichen Zuständen führt, weil auch Therapien und Therapeuten Geld kosten und deshalb unweigerlich sowohl Teil des Konsumierens sind als auch tatsächlich sinnstiftend wirken können. Somit wird dieser Glaube des Sinn- bzw. Heilkonsum leider durchaus bestärkt. Hinzu kommt, dass auch das mehr oder weniger lang (mitunter viele Jahrzehnte) zu funktionieren scheint – bis sich wieder irgendwie diese Frage anschleicht und auf Antworten drängt. Leider führen häufig erst körperliche oder seelische Erkrankungen, andere leidvolle Schicksalsereignisse oder erst der nahende Tod dazu, diese Frage wieder als lebensnotwendig zu erkennen und nach Antworten für sich selbst zu suchen.

Was also führt zu eigener Sinnerfüllung, wie kann erfüllend erlebt werden? Hilfreich dafür ist die Frage nach den größten Sehnsüchten, die auch dann noch bestehen würden, wenn Geld keine Rolle spielt, wenn alle materiellen, zeitgeistlichen und alle rationalen Bedürfnisse erfüllbar bzw. erfüllt sind.

Was fehlt beispielsweise, wenn doch scheinbar alles da ist, ein neues Haus, Kinder, Beziehung, Job, Reisen usw.? Warum suchen durchaus häufig gerade solche Menschen Therapeuten auf, die vermeintlich all das haben und doch zeitgeistlich betrachtet, glücklich sein müssten? Oder, weshalb brauchen sogar Milliardäre immer mehr und werden einfach nicht zufrieden?

Wer beispielsweise medizinische, psychologische oder spirituell-esoterische Zeitschriften aufschlägt, wird fast von der Fülle „garantiert“ wirkender Angebote erschlagen und weiß gar nicht mehr, wo’s lang geht. Eigentlich müsste doch bei all diesen Methoden nach X, Y und Z die Menschheit im paradiesischsten Paradies aller Zeiten leben. Tut sie aber nicht, ganz im Gegenteil Verfall, Krise, Unzufriedenheit, Angst und Orientierungslosigkeit ist mit Händen zunehmend greifbar.

Demnach scheint irgendetwas Grundsätzliches zu fehlen. Aber was? Was könnte die größte Sehnsucht sein und wie kann damit der eigene Daseinsgrund erfüllt werden, um, ja um dereinst zufrieden und fast möchte ich sagen, zuversichtlich von dieser Welt gehen zu können? Es sind die Antworten danach, wie trotz oder wegen des eigenen dereinst bevorstehenden Todes auf diesen hin menschlich gelebt werden kann. Dabei scheint es unerheblich, was, wie und wieviel getan wird, sondern ob das Leben damit mit allen Sinnen auf menschliche Weise geschmeckt, gerochen, gefühlt, geliebt, gefeiert, gestaltet, entdeckt, bewundert, bestaunt, bedankt, angenommen, also erlebt werden kann. Es ist ein Weg, ein Suchen und Finden und vieles mehr, aber gewiss kein Abarbeiten, kein Coachen, kein Erzwingen, kein Erkaufen und kein Übertönen oder gar gewaltsam Bekriegen mit Waffen oder Skalpellen. Und immer ist es ein Gemeinschaftliches mit Menschen und anderen lebenden Wesen. Ja, womöglich erfüllt sich die tiefste Sehnsucht des Menschen in „eigentlich“ so ganz Einfachem, wie in der Gemeinschaft als Individuum aufgehoben zu sein, in ihr geborgen seine Träume zu träumen und zu verwirklichen. In der Gemeinschaft gebendes und nehmendes Mitgefühl, Schutz, Liebe, Lachen, Tanzen, Werken, Forschen, Albern, Faulenzen und und und mit anderen zu teilen erscheint mir die größte aller Sehnsüchte zu sein, für die mitunter sogar gestorben wird – und auch dabei am allerbesten NICHT ALLEIN. Wobei natürlich vordergründig die Gemeinschaft der Menschen aber tatsächlich die gemeinschaftliche Verbunden- bzw. Eingebundenheit mit allem Leben gemeint ist. Wohl selbst der überzeugteste Einzelgänger wird sich nicht erst in der Not zu einem Lebewesen hinwenden, einem Hund oder einem Blumentopf mit seiner Lieblingspflanze, um Trost und Zuwendung zu bekommen.
So braucht es keine besonders scharfen Augen um nahezu überall die schwindende Gemeinschaftlichkeit zu sehen und damit einhergehende die fast schon schreiende Sehnsucht danach. Sie will erfüllt werden und wenn sich dafür untauglichsten Gruppen angeschlossen wird, Hauptsache irgendwie dabei.
Wie anders auch, können wir Menschen doch grundsätzlich überhaupt nur Mensch in der Gemeinschaft sein. Da ist keine Wahl sondern Wesen. DAS EINZELNE Mensch ist unexistierbar! Wenn alles wesenseigen menschliche aber zuallererst seine grundsätzlich gemeinschaftliche Wesenhaftigkeit geleugnet, unterdrückt, weggenommen oder zerstört wird, verliert er sein Menschsein, wird „bestenfalls bloß“ krank und schlimmstenfalls ein bösartiges Ungeheuer – dann liegt auf der Hand, was fehlt, dann sind die Unmenschlichkeiten vertraut und die Menschlichkeiten ungewohnt geworden.

Was zeigt, was ansteht: Wenn die bekannten Herangehensweisen, Handlungen, Methoden, Ziele und Lösungen nicht zu erlebter Erfüllung führen, kann sie nur im Unvertrauten gefunden werden (nebenbei: Was für ein gesellschaftliches Armutszeugnis, wenn Miteinander, Liebe, Mitgefühl usw. nicht mehr zu den vertrauten Erfahrungen zählen). Dort finden sich unendlich viele Möglichkeiten, die durch die Bereitschaft, gewohnte Wege zu verlassen entdeckt, gehoben und gestaltet werden können. Dort findet die Sehnsucht nach erlebter Erfüllung ihren Frieden, genauso wie die wohl größte Sehnsucht, in zuvorderst menschlicher Gemeinschaft erfüllt den eigenen Tod entgegen zu sehen und zu erleben. Diese größte aller Sehnsüchte, den Tod zufrieden anzunehmen, sagen zu können: „Es ist gut, ich habe als Menschenwesen gelebt und bin zufrieden“, vereint alle vorherigen Bereitschaften in sich, das Wagnis ins Unvertraute einzugehen.

Und da der Tod das maximal Unvertraute sein dürfte, was sich Menschen vorstellen können, findet sich Heilung in der Erkenntnis: die größte aller Sehnsüchte ist die, als gemeinschaftliches Menschenwesen erfüllt den Tod erleben zu können – ganz gleich auf welche Weise das erreicht wird, immer aber wird es ein mitfühlendes, einzigartiges, neues, schöpferisches Ergebnis jedes Einzelnen sein, unlösbar eingewoben in der Gemeinschaft der Menschen und allen Lebens.

In diesem Zusammenhang schenkt mir vor Weihnachten ein guter Freund und Arzt einen Spruch, den ich hier gern abschließend einfüge:

„Wer nie vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke.“

Hendrik Heidler, 04.01.2024

 

 

 

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