„Die List der Vernunft“
Was für närrische Hingabe an die Verdrehungsautomatik!
geschrieben am 12.09.2022 von Hendrik Heidler, Scheibenberg
Die List der Vernunft
Was für närrische Hingabe an die Verdrehungsautomatik!
Von Hendrik Heidler
Es muss doch sehr ärgerlich sein, wenn sich alles ins Gegenteil verkehrt, was man macht. Da ist es schon verständlich, wenn vorne dran stehende „Machthaber“ beginnen zu glauben, einfach nur alles andersherum zu machen und dann zu hoffen, auf diese Weise werde wieder alles gut. Hat es bisher mit dem Frieden nicht geklappt, machen sie nun einfach Krieg, auf das Frieden werde. (Ganz schön pfiffig muss ich sagen.) Und wenn das Wahlvolk einfach nicht begreifen will, dass mehr Waffen keinen Frieden schaffen, dann sind ihnen die Wähler eben einfach gleichgültig. Aber dazu ist bereits genug geschrieben worden. Was mich so sehr an den herrschenden Eliten fasziniert, ist, mit welcher närrischen Hingabe, ja Fanatismus sie genau das machen, was sie nicht erreichen wollen: das kapitalistische Weltsystem zusätzlich zu dessen eigenen, innewohnenden Selbstzerstörungsprozessen beschleunigt an die Wand zu fahren. Höchst erstaunt kann ich kaum glauben, was sie da vorschlagen, beispielsweise zum Verzicht auf Konsum von Energie aufrufen. Hm, und das bei von ihnen selbst angeregten Preisexplosionen die kaum noch Spielraum für sonstigen Warenkonsum lassen. Und obwohl jeder Spatz auf dem Dach weiß, dass kapitalistisches Wirtschaften ohne stetiges Wachstum und massenhaften Warenkonsum zum Tode verurteilt ist.
Entgegen Marx Vermutung sind also nicht die Arbeiter die Totengräber des Kapitalismus sondern dessen führende Funktionäre selbst, indem sie ihn mit allen noch vorhandenen Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste zu retten trachten. Aber es klappt nicht mehr, alles was sie tun, kehrt sich ins Gegenteil oder eben irgend etwas anderes. Selbst Negativzinsen – köstlicher Ausdruck der verlorengegangenen Funktionsfähigkeit des Kapitalismus – gibt es inzwischen, und die Milliarden und Abermilliarden ungedeckten Druckereigeldes werden ein Übriges bewirken. Ach ja, auch Rüstung und Waffenlieferungen bewirken weitere Entwertungsschübe des Systems, das alles Militärische letztlich reiner Konsum ist und dem stetigen Wachstum entgegensteht, welches aus einem Euro zwei machen muss. Aber selbst wenn Gewinne reinvestiert werden bzw. würden, erfolgte dies in hochproduktivere Produktionskapazitäten, welche weitere lebendige Arbeit abschaffen würde, was zu einem weiteren Wertverfall des Geldes und damit zu weiterem Systemverfall führen wird. Und sollte es den Herrschaftseliten tatsächlich in den Sinn gekommen sein, die Mehrheit der Menschheit für den Erhalt des Systems zu opfern, dann haben sie die Rechnung nicht mit der Funktionsweise ihres so heiß geliebten Kapitalismus gemacht. Der schon allein wegen seiner hochproduktiven, hochautomatisierten Massengüterproduktion einen ebensolchen Massenwarenkonsum braucht, um zu existieren. Auch diese, höchst menschenverachtenden Pläne wären unweigerlich zum Scheitern verurteilt und beschleunigten den Systemzerfall noch mehr. Ganz gleich ob nun Unfähigkeit oder moralische Verwahrlosung, sollte man nicht so naiv sein und glauben, die „Damen und Herren“ der Welt, würden solche Szenarien nicht für möglich halten. Nur Erfolg werden sie auch damit nicht haben können.
Somit kehrt sich alles was sie tun, um ihr unseliges System zu erhalten, ins Gegenteil … was durchaus zu Optimismus berechtigt, bei entsprechenden Vorstellungen über das, was jenseits dieses Systems zu gestalten ist. Ob dieser Umkehrungsautomatismus die berühmte „List der Vernunft“ darstellt, sei dahingestellt, Fakt ist jedoch, dass sich dieses kapitalistische Weltsystem gerade selbst abschafft, ganz gleich ob etwas getan wird oder nicht, schlicht aus seinen eigenen inneren prozesshaften Widersprüchen heraus. Und alles, was dessen befürwortenden Eliten tun, wird und muss es beschleunigen. Weil diese inneren unlösbaren Widersprüche sich schlicht aus dem alltäglichen Lebensvollzug jedes Einzelnen (und damit von allen gemeinsam) immer mehr aufbauen und die Verfallsprozesse solange verschärfen, bis sie zu einem völligen Systemzusammenbruch führen. Die Alternative wäre, diese Widersprüche bewusst für eine menschliche Lebensweise aufzulösen indem dieses System abgeschafft wird. Das, was Hegel als „Die List der Vernunft“ bezeichnete, hat demnach wenig mit Vernunft zu tun sondern mit einer, in geschichtlichen Prozessen ganz unvernünftig hervorgebrachten Gesellschaftsform. Einer gegen das Menschsein fußenden Zumutung, deren Prinzipien wie Vereinzelung, Konkurrenz, Geldvermehrung usw. einen unlösbaren Widerspruch zu den natürlichen und sozialen Bedürfnissen des Menschen bilden. Diesen als solche zu erkennen, ist sicherlich ein erster Schritt, sich daraus heilsam zu lösen.
Abschließend die Wikipedia-Definition dieses Hegelschen Ausdruckes von der „List der Vernunft“, mit dem er aus meiner Sicht unbewusst die inneren Widersprüche des Systems meinte:
„Die List der Vernunft ist ein von Hegel geprägter Ausdruck. Hegel versteht darunter einen Vorgang, durch den sich in der Geschichte der Menschheit ein bestimmter Zweck verwirklicht, der den handelnden Menschen nicht bewusst ist.“ 07.09.2022, 9.03 Uhr.
Hendrik Heidler, 09.09.2022