Wer Mundart spricht, spart Energie! Nur eine Behauptung? Mitnichten. Was im Hochdeutschen einen aufwändig Satz zu formulieren bedeutet, kann im Erzgebirgischen mit einem Wort gesagt werden. Als Beispiel sei das Wort „eiju“ genannt. Was kann das nicht alles aussagen. Treffen sich zwei Erzgebirger geht es zu, wie überall auf der Welt. Nach der Begrüßung kommt die Frage nach dem Befinden.
Die kann etwa so gestellt sein: „Un? Eiju? Das bedeutet: „Wie geht es Dir?“ Gleiches bedeutet übrigens auch: „Na, wie dä?“ Als Antwort bietet sich ein langezogenes „Eijuu!“ oder „Gieht schie!“ an. Ist das Befinden allerdings nicht so gut lautet es: „Ach, här auf!“ und man winkt dabei mit der Hand ab. Es wird deutlich, dass bereits mit sechs Buchstaben soviel gesagt werden kann, wie ein ganzer Satz im Hochdeutschen und die Antwort gar mit vier Buchstaben auskommt, wenn das doppelte „U“ am Ende nur als mögliche Form der Schreibweise betrachtet wird.
Ein weiterer Beleg für die Energieersparnis ist das Wörtchen: „he“, wobei das „E“ sehr kurz zu betonen ist. Mancher Fremde der nach dem Weg fragt, empfindet es sicherlich als unhöflich, wenn er auf sein Ersuchen die Gegenfrage „He?“ gestellt bekommt, was soviel bedeutet, wie: „Bitte wiederholen Sie Ihre Frage noch einmal, ich habe sie nicht richtig verstanden?“ Begreift er das schließlich, weil der Erzgebirger ihn dabei freundlich anschaut, wiederholt der Fremde seine Erkundigung nach dem Weg und erhält nun sicher eine ausführliche Beschreibung. Die etwa so zu lesen ist: „De, fährst grod hie, do vorne im de Kurv do nimm, un nochert machste is Dingl nei. Un wenn de do bist, soochste in scheen Gruß vun mir!“ Wie zu sehen ist, kann die eingesparte Energie durchaus in klar und deutlich formulierte Beschreibungen münden.
Aus: Hendrik Heidler, Großes Wörterbuch der Erzgebirgischen Mundart, Wuu de Hasen Hoosn haasn, Erzgebirgisch-Deutsch, Books on Demand GmbH, Norderstett 2010